Frauen-Physiotherapie

Die Natur der Frau ist von Zyklen geprägt. Weibliche Hormone spielen nicht nur im Rahmen der Fruchtbarkeit eine wichtige Rolle, sondern haben unter anderem einen weitreichenden Einfluss auf Muskulatur, Bindegewebe, Faszien und Blutgefäße.

Die Frauen-Physiotherapie betrachtet und behandelt den weiblichen Körper in seinem besonderen strukturellen Aufbau und seinen Funktionen. Dabei wird die Wirkung von Hormonen auf das Körpergewebe mit einbezogen.

Die Therapie ist von einem tiefen Verständnis der komplexen Bewegungsabläufe im Beckenraum und der Rumpfkapsel geprägt. Die Individualität des weiblichen Körperbaus, mit seinem breiteren knöchernen Becken und einem großflächigen „Körper-Boden“ mit drei Öffnungen, zeichnet sich durch vielschichtige, hochfunktionale ineinander verwobene Muskel-Faszien-Strukturen aus. Im Zentrum des Körpers und der Therapie stehen daher die Anteile der Beckenbodenmuskulatur, in ihrer 3-dimensional differenzierten Aktivität.

Im Zusammenhang mit einer Beckenbodendysfunktion werden Störungen des muskuloskeletalen Systems, Speicher-und Entleerungstörungen der Blase und des Darms, Senkungen der Beckenorgane, sexuelle Dysfunktionen und Schmerzen im Becken- und Lendenwirbelbereich therapiert. Ziel ist die bestmögliche Erhaltung oder Wiederherstellung des synergistischen Zusammenspiels der Beckenbodenmuskulatur in sich und mit ihren funktionellen Verbindungen zur Rumpfmuskulatur. Wichtig ist hierbei die Integration der wieder erworbenen physiologischen Bewegungsabläufe in die jeweilige Alltagssituation.

Hanna über
die Therapie:

Die Frau mit ihrem Körperbild in der heutigen Gesellschaft – unsere Schönheitsideale, die bis zum Aussehen des Intimbereichs führen und die Vorstellungen wie Prozesse abzulaufen haben (von der Sexualität, über Schwangerschaft und Geburt bis zur Menopause und danach), sind von der Gesellschaft mitgeprägt. Das kann enormen Druck erzeugen. Dieser Stress hat neben der psychischen Belastung natürlich genauso große Auswirkung auf das Gewebe. Viele Frauen leiden unter Vaginal- und/oder Vulva-Beschwerden wie Schmerzen beim bzw. nach dem Geschlechtsverkehr. Auch gynäkologische Untersuchungen oder das Einführen eines Tampons können wegen Schmerzen und/oder anderen Funktionsstörungen erschwert bis unmöglich sein.

Das Herzstück meiner Therapie ist der Beckenboden in Bezug auf Sexualität, Schmerzen und Funktionsstörungen. Dabei ist ein Aspekt der physiotherapeutischen Behandlung die strukturelle Arbeit am weiblichen Beckenboden und Intimbereich (mit Fokus auf Vulva und Vagina). In manchen Lebenslagen (zB. nach Geburtsverletzungen) können in der Praxis bewährte, einfühlsam angewandte Gewebetechniken positive Veränderungen bewirken. Als Spezialistin auf diesem Gebiet beachte ich die sensiblen Anteile funktionell im Zusammenspiel mit dem ganzen Körpersystem.

Anwendungen

Anwendung als Prophylaxe:

Eine gezielte Prophylaxe beinhaltet folgende Punkte:

  1. Beckenboden-Check – funktionelle Standortbestimmung der Beckenbodenfunktion im Rahmen der Physiotherapie: Testung der Kraft, Ausdauer, Koordination, Reaktionsfähigkeit, Entspannungsfähigkeit und Qualität im Zusammenspiel mit Rumpfmuskulatur und globaler Aktivität
  2. Individuelle Analyse und Schulung der Körperhaltung in Alltagssituationen mit Fokus auf den Beckenboden

Optional geht es je nach Lebenssituation wie folgt weiter:

  • Beratung in der Frühschwangerschaft bezüglich vorbeugender Maßnahmen
  • “Functional Shape” Trainingstherapie für Frauen in allen Lebenslagen

Indikation bei Funktionsstörung:

Blase, Darm und Senkungen

  • Belastungsinkontinez
  • Dranginkontinez
  • OAB (überaktive Blase)
  • Mischinkontinenz
  • Stuhlinkontinez (Verlust von Stuhl und Winden)
  • Stuhlschmieren (unbemerktes Verlieren von Stuhl)
  • Chronische Verstopfung oder Entleerungsstörung
  • Andere Symptome im Zusammenhang mit dem Tiefertreten von Blase, Gebärmutter, Darm

Schmerzen u/o sexuelle Funktionsstörungen:

  • Vulvodynie (unspezifische Scheiden- u/o Beckenringschmerzen)
  • Coccygodynie und anorektale Schmerzen (Schmerzen in der Gegend von Steißbein, Mastdarm und After)
  • Chronic pelvic pain syndrom
  • Anorgasmie
  • Dyspareunie (wiederholt auftretende oder ständige genitale Schmerzen beim Geschlechtsverkehr)
  • Vaginismus (Verkrampfung der Scheidenmuskulatur)

Weitere Funktionseinschränkungen wegen Narben, Tonusveränderung, etc.:

  • Vor und nach Operationen (z. B Senkungen)
  • Scheidenoperationen mit Verkleinerung der Vagina/Vulva
  • Nach Strahlentherapie mit verändertem Gewebe im Beckenboden und Intimbereich
  • Spannungsveränderungen im Beckenboden bei Hautkrankheiten wie zB. Lichen sclerosus
  • Erhöhte Beckenboden-Spannung die von der Betroffenen als funktionelle Störung empfunden wird

Rund um Schwangerschaft und Geburt:

  • Rücken-, Becken-, Hüftschmerzen vor und nach der Geburt
  • Blockierte oder überbewegliche Iliosacral – Gelenke
  • Hormonelle Lockerung des Bandapparates in der Schwangerschafts und geburtsbedingte Symphysenschmerzen/-instabilität
  • Inkontinenz (Harn, Stuhl, Winde)
  • Verstopfung mit/ohne Hämorrhoiden
  • Vulvavarizen u/o Ödembildung im Beckenboden
  • Schmerzen nach Geburtsverletzungen
  • Beschwerden nach dem notwendigen Einsatz von Geburtshilflichen Intervention (zB Kristeller Handgriff, Saugglocke)
  • Sectio
  • Fremdkörpergefühl in der Scheide oder Enddarm
  • Bauchmuskel- und Beckenbodenmuskelschwäche
  • Verhalten bei Haltungsinsuffizienz, veränderter Statik vor und nach der Geburt
  • Beschwerden wegen unphysiologischem Ausmaß von Rectusdiastasen

Muskuloskeletale Funktionsstörungen:

  • Instabilität oder schlechte motorische Kontrolle im Bereich des Beckens oder der Wirbelsäule
  • Bandscheibenproblematik
  • Haltungsprobleme, Halswirbelsäulen Beschwerden im Zusammenhang mit großem weiblichem Brustgewicht.
  • Und viele andere Orthopädische Indikationen

Beckenboden-
Physiotherapie
bei Frauen

Der physiotherapeutische Prozess inklusive „clinical reasoning“ (mehrdimensionales Denken im klinischen Prozess) ist die Grundvoraussetzung für eine zielgerichtete und effektive Beckenboden-Physiotherapie. Nach ausführlicher Anamnese und Befundaufnahme, welche unter anderem eine vaginale und/oder rektale Tastuntersuchung des Beckenbodens beinhaltet, wird auf Basis der physiotherapeutischen Diagnose ein individueller Behandlungsplan erstellt. Die Interventionen im Therapieverlauf werden evidenzbasiert ausgewählt und standardisierte Befundparameter bei der Kontrolle der Therapiewirksamkeit eingesetzt.

Ein Fokus liegt auf dem selektiven Beckenbodenmuskeltraining, mit dem Ziel eine bestmögliche intra-, intermuskuläre Koordination, Entspannungsfähigkeit, Schnellkraft und Ausdauer abgestimmt auf die funktionellen Mitspieler Zwerchfell und Rumpfmuskulatur zu erreichen. Der nächste Schritt ist die Integration dessen in ein individuelles Ganzkörpertraining.
Der Gedanke „what you train is what you gain“ leitet mich, leitet uns – es ist von eminenter Bedeutung, die medizinische Trainingstherapie an das gewünschte Aktivitätsniveau anzupassen und situationsbezogen einzubauen.

Die Therapie kann als Einzel- oder Gruppentherapie stattfinden.
Im Vordergrund stehen dabei:

  • Das Erlernen von bewussterer Wahrnehmung der betroffenen Körperregion
  • Zusammenhang von Atmung, Haltung und Beckenboden
  • Beckenbodenschonendes Alltagsverhalten (Bücken, Heben, gute Haltung im Stehen und Sitzen,…)
  • Anleitung zum richtigen Training
  • Ein individuelles Übungsprogramm für den Alltag

 

Zur Erreichung des Therapiezieles werden unterschiedliche Methoden individuell befundbezogen angewandt. Einige davon sind:

  • Manuelle Techniken
  • Funktionelles Training
  • Apparative Maßnahmen wie Elektro- und Feedback-Therapie
  • Entspannungstechniken
  • Reflexzonentherapie
  • Narbenbehandlung
  • Verhalten in Alltagsaktivitäten und Sport
  • Pessar-Therapie (Empfehlung und Anwendung), die Verordnung und individuelle Anpassung erfolgt durch den/die Gynäkologen/in
  • Beratung und Hilfsmittelberatung:
    Anwendung von Dilatationssets, Ballonkatheter, Vaginalgewichte, Drucksystemen und „Beckenbodentrainingsgeräte“